Planung & Organisation
Ein Monsterkostüm, egal ob "nur" eine Maske oder ein Ganzkörper-Outfit, ist ein wahres Mammut-Projekt.Es braucht viele verschiedene Techniken und Werkstoffe, eine nicht unerhebliche Menge Geld und unglaublich viel Nerven und Zeit.
Um die Kosten (besonders Nerven und Geld, von denen wir nicht unbegrenzt viel zur Verfügung haben) möglichst gering zu halten, ist eine konkrete Planung sehr hilfreich.
Fragt euch also Folgendes:
1. Was will ich sein? Welches Wesen, Monster oder Tier soll mein Kostüm darstellen?
In diesem allerersten Schritt können wir eine Menge Stress vermeiden, indem wir (sorry!) realistisch bleiben. Gerade, wenn es euer erster Versuch eines Kostüms ist. Ihr fandet die Alien-Queen aus den Filmen schon immer großartig? Super - aber bedenkt, dass das Vieh drei Meter groß ist und von zwei Monsterdarstellern plus diversen Puppenspielern bewegt wurde. Wie wäre es also erstmal mit einem Alien-Krieger? Das ist immer noch extrem aufwändig, aber machbar und sieht klasse aus.
Wohlgemerkt geht es hier nicht darum, eure Träume und Visionen zu vernichten - aber bevor ihr gleich zu Anfang 1000 Euro in Material investiert und am Ende weinend in den Trümmern eines unfertigen Tyrannosaurus sitzt, versucht euch doch erstmal an einem Velociraptor! Die sind eh cooler (hab' ich gehört )
2. Welche Kostümteile sind sichtbar? Welche nötig?
Dieser Schritt ist ebenfalls dazu geeignet, viel Zeit und Nerven zu sparen und außerdem die Mittel und Energie, die ich verfügbar habe, in die richtige Richtung zu lenken.
Als Beispiel Kriika, meine Rattenprophetin.
Skaven sind humanoide Ratten, also am ganzen Körper von (schäbigem) Fell bedeckt. Doch ein Ganzkörper-Fellanzug wäre a) unerträglich heiß und b) eine Vergeudung von Ressourcen, denn Skaven tragen (schäbige) Kleidung, und Graue Propheten sogar lange Roben. Ich kann also sehen, dass ich für Kriika nur die Teile brauche, die aus dem Gewand herausragen: Kopf, Hände, Füße, Schwanz.
Drückebergerin, meint ihr jetzt vielleicht, das ist ja geschummelt! Du ziehst die Sache nicht voll durch!
Dazu sage ich nur: Ganz wie ihr wollt. Wenn ihr euer Kostüm baut, tragt überall Fell, bastelt ein realistisches Innenohr, eine Füllung in den Backenzähnen, die nie jemand sehen wird - ich bewundere das. Es ist total toll, "komplett" zu sein, Detail zu haben, von denen vielleicht nie jemand erfährt. Soetwas macht einen Charakter rund, und ich versuche, es wenn möglich hinzukriegen.
Aber (hier kommt es!) ich bin auch nur ein Mensch. Ich habe nur begrenzte Mittel, nur begrenzt Zeit, und wenn ich die Wahl habe, ein mittelmäßiges Ganzkörper-Outfit zu basteln oder phänomenal tolle Kostümteile, die sich mit Gewandung zu einem super Gesamtbild ergänzen, dann mache ich letzteres.
Und, ganz nebenbei: Es wird wirklich heiß in sowas. Glaubt mir. Ihr werdet froh sein über jeden Zentimeter Körperfläche, der nicht mit Gummihaut oder dickem Fell bedeckt ist!
3. Zeichnet Kozepte. Macht Skizzen.
Vielleicht habt ihr das schon für die vorherigen Schritte getan, aber spätestens jetzt ist es fällig: Eine grobe Darstellung des Charakters/Kostüms.
Dafür muss man nicht Leonardo Da Vinci sein, Picasso in seiner kubistischen Phase reicht völlig. Ja, okay, Kunst-Nerd-Witz. Also, tut, was ihr könnt, ein Strichmännchen/-weibchen sollte jeder hinkriegen, bitte mit jeder Menge Platz drumrum für Anmerkungen.
Hier auch wichtig: Vorlagen.
Egal, ob ihr ein Tier baut oder ein exotisches, nie dagewesenes Alien, sucht euch Bilder und Anregungen. Woher: Internet (geht immer), Filme (auch gut für Bewegungsabläufe), Haustiere (perfekt für winzige Details und Haut/Fell/Schuppen/Federstrukturen), Tabletop- oder Actionspielfiguren, ausgestopfte Viecher, Baumrinde, Würmer und Käfer im Garten...
Nun wird es auch langsam Zeit, über Größe und Proportionen nachzudenken. Nicht vergessen: Im Inneren des Kostüm soll ein Mensch stecken, und dadurch entstehen uns gewisse anatomische Grenzwerte. Wir sind nunmal plattfüßige Sohlengänger ohne Schwanz (hinten) und mit einem schrecklich großen, kugeligen Kopf (ja, ich weiß. Platz für's Gehirn. Wichtig. Aber wie oft habe ich schon über meine hohe Stirn geflucht, die fiese, flache Monstermasken so schwierig macht...).
Also gilt es, um diese menschliche Anatomie herumzuarbeiten, sie entweder zu verstecken oder die Proportionen so zu ändern, dass es passt. Beispielsweise können wir eine lange Schnauze ein wenig nach unten neigen, um den "Nasenknick" zu verstecken (dann muss man beim Tragen der Maske den Kopf allerdings immer etwas nach oben tragen) oder den Kopfaufbau allgemein größer machen, damit die Proportionen wieder passen - aber Achtung, dann muss das ganze Kostüm größer/massiger werden, zumindest die Schulterpartie, sonst endet euer Monster mit einem "Ballonkopf".
3a. Alles ist besser in 3D
Seid ihr auch so genervt von diesem 3D-Kram überall? Filme in 3D, Fernseher mit 3D-Funktion, Zahnbürsten mit 3D-Effekt (haha, als wären Zähne vorher flach gewesen. Diese Helden...)
Aber für eins ist 3D wirklich besser, und ich meine das echte 3D, das ca. seit dem Urknall existiert. Die Raum-Koordinate. Die Ausdehnung in... egal.
Was ich sagen will: Baut euch ein Modell.
Das muss nicht der ganze Körper sein, gerade, wenn es nur um Maskenteile geht, aber im echten, räumlichen Modell bemerkt ihr eine Menge Dinge, die vielleicht noch fehlen, oder Blickwinkel, über die ihr euch bisher keine Gedanken gemacht habt.
Beispiel: Hörner sind cool, und es ist leicht, sie im Profil auf einen Kopf zu zeichnen, aber wie sitzen sie eigentlich genau auf dem Schädel? In welche Richtung winden sie sich? Und verdammt, passen da überhaupt noch Ohren dahinter??
Gerade, wenn man ein Kostümteil, wie z.B. eine Vollmaske, komplett gestaltet, also den gesamten Umriss, Schnauzenform, Stacheln, Hörner... lohnt es sich wirklich, eine kleine, grobe Modell"skizze" zu erstellen. Ganz einfach, aus Knetmasse, in fünf Minuten. Das geht viel einfacher, billiger und schneller, als wenn ihr später am Original rumgurkt und teure Baumaterialien vergeudet, weil sich am Ende rausstellt, dass der Drache zwar von vorne schick und elegant aussieht, das Profil aber eher dem von Godzilla ähnelt (Ich mag Godzilla. Aber elegant ist was anderes.)
Auch hier gilt: Achtet auf die Grundform! Euer Kopf/Körperumriss muss in das Modell reinpassen!
4. Welche Materialien brauche ich? Und was kosten die?
Hier gilt: je früher und genauer ihr ausprobiert und plant, desto weniger Geld (und Nerven!) kostet das Kostüm. Wenn ihr von vornherein wisst, ihr braucht Material xy für den Schädel, und davon 35x50cm, müsst ihr auch nur das besorgen und nicht (so wie ich bei Kriika) zig Anläufe starten, rumprobieren und dreimal (fünfmal? zehnmal?) so viel ausgeben, weil ihr vorher noch Fehlschläge einkalkulieren müsst.
Natürlich lässt sich das nie ganz vermeiden, jede/r arbeitet anders und macher Werkstoff passt einem super oder gar nicht, aber Probeläufe und Mini-Modelle sind nie verkehrt, besonders, um Mechanismen und Materialien zu testen.
5. Wie ist mein Zeitplan? Gibt es einen "Abgabetermin"?
Deadlines/Termine sind großartig und ätzend zugleich.
Einerseits treiben sie euch an - ihr wisst, zu dieser Convention muss das Kostüm fertig sein, ihr habt euch auf jenem LARP angemeldet und bezahlt, also LOS JETZT.
Ihr habt etwas, worauf ihr hinarbeiten könnt, eine Zeitlinie, die euch motiviert. Oder stresst - denn das ist der Nachteil. Wenn ihr auf einen bestimmten Termin hinsteuert: Plant gut. Nehmt euch Zeit. Überlegt, wieviele freie Nachmittage ihr braucht, und plant DREIMAL so viele ein. Ehrlich.
Gerade, wenn ihr noch rumprobiert, wenn da Materialien oder Techniken im Spiel sind, die ihr noch nie versucht habt (und das wird eigentlich immer der Fall sein, denn wir werden ja immer ehrgeiziger und die Projekte immer wilder!), plant euch Unmengen von Zeit ein! Das spart auch Geld, denn so könnt ihr in Ruhe einkaufen, Preise vergleichen, und müsst nicht auf die schnelle bei einem sauteuren Online- oder Spezialhändler kaufen, nur weil die "Sofortversand" anbieten oder als Einzige noch Samstag Nachmittag geöffnet haben.
Wenn die Deadline näher rückt, stellt sicher, dass ihr Reserven habt - Zeit und Geld.
- Haltet euch die letzte Woche wenn möglich frei von Schulprojekten/Hausarbeiten/Präsentationen, sucht euch die Möglichkeit, ein, zwei Urlaubstage zu nehmen, wenn es sein muss.
- Überzieht euer Sparschwein/Haushaltsgeld/Bankkonto nicht auf Äußerste, falls ihr doch noch schnell ein überwichtiges Bauteil besorgen müsst. Oder Pizza bestellt, um Kochzeit zu sparen.
Klingt überdreht? Zu krass? Das ist ja auch der Notfall-Plan. Wenn ihr das entspannter seht, wenn ihr sagt "Gut, dann zeige ich das Kostüm eben erst nächstes Jahr auf der Con", gut für euch - für uns andere gilt es einfach, vorbereitet zu sein. Wer weiß, was in einem Jahr ist? Da plane ich sicher schon ein viel größeres, tolleres, anderes Kostüm!